taz 06.08.2009
Proteste in Teheran
Der alte Präsident ist der neue
Reformpolitiker blieben der Vereidigung
von Präsident Ahmadinedschad fern. Vor
dem Parlament demonstrierten etwa 1.000 Menschen. VON BAHMAN NIRUMAND Ruft die
Nation zur Einheit auf: Präsident Ahmadinedschad. Foto:
reuters BERLIN taz | Irans
Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad ist am Mittwoch für eine zweite Amtszeit vor dem Parlament in
Teheran vereidigt worden. Schon am frühen Morgen zogen um das Parlamentsgebäude
herum Polizei und Bassidschi-Milizen
auf. Zwei nahe gelegene U-Bahn-Stationen waren geschlossen. Dennoch gelang es rund tausend Demonstranten, bis zum
Parlamentsvorplatz vorzudringen. Sie
waren zum Zeichen der Trauer schwarz gekleidet. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Augenzeugen
berichteten von mindestens zehn
Festnahmen. Ahmadinedschad ignorierte in seiner Ansprache die Proteste und
begnügte sich mit der Bemerkung:
"Wir werden Missachtung, Einmischung und Beleidigungen nicht dulden." Er rühmte sich, die Zustimmung
von 24 Millionen Wählern erhalten zu
haben, ein Beweis dafür, dass das Volk geschlossen hinter dem Regime stehe.
Die Wahl werde im Iran wie auch international "tiefe Veränderungen" zufolge haben. Iran
besitze ein großes Potenzial und seine
Regierung sei entschlossen, dieses auch zu nutzen.
Anzeige Zugleich kündigte Ahamadinedschad eine Fortsetzung der "aktiven Außenpolitik" seiner Regierung an. Sie
werde sich für "Gerechtigkeit, Frieden und Brüderlichkeit" in der Welt einsetzen und
versuchen, in der "Verwaltung der
Welt eine entscheidende Rolle" zu übernehmen. Nicht alle Abgeordneten
waren bei der Zeremonie anwesend. Sowohl die reformorientierte Minderheit als auch einige aus dem Lager der Konservativen hatten die Veranstaltung
boykottiert. Auch der Vorsitzende der
Expertenversammlung und des Schlichtungsrats, Haschemi Rafsandschani, sowie die unterlegenen Kandidaten Mir Hossein
Mussawi und Mehdi Karrubi waren der
Vereidigung ferngeblieben. Sie werfen der Regierung Wahlfälschung vor. Beide Kandidaten erklärten am Dienstag, sie
würden die Regierung nicht anerkennen.
Parlamentspräsident Ali Laridschani, der schon früher seine Kritik am Regierungschef nicht verhehlt hatte, mahnte
einleitend an, in Zukunft besser zu
planen, mehr auf die Gesetze zu achten und mehr Sachverständige einzusetzen. Erstaunen erregte die Teilnahme
einiger ausländischer Botschafter an der Zeremonie, darunter der französische, britische, spanische und schwedische, dessen Land zurzeit die
EU-Ratspräsidentschaft innehat. Deutschland war auf niedrigerer diplomatischer Ebene vertreten.
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