Hier ein Kommentar von Rudolph Chimelli,
eine Belehrung in Fragen   „Realpolitik“ ;

 Vom Umgang mit Unliebsamen

 Der Umgang mit Teheran wäre für westliche Kanzleien einfacher, wenn dort  noch der Reform-Präsident Mohammed Chatami oder ein neuer Mann mit guten  Manieren regierte. Da dies nicht der Fall ist, gilt die alte Regel  internationaler Politik: Beziehungen werden zu dem unterhalten, der die  Macht effektiv ausübt. Der Sprecher des Weißen Hauses antwortete auf die  Frage, wie es die USA mit Mahmud Ahmadinedschad halten würden, der sei der  gewählte Führer Irans.

 Die Frage nach der Qualität der Wahl oder nach der Legitimität der  Herrschaft braucht man dabei nicht zu stellen. Wäre es anders, was würde  aus den Beziehungen Europas zu Nordafrika, zum weiteren Nahen Osten und zu  großen Teilen Schwarzafrikas? Ob dort ein Staatschef gut, schlecht oder  überhaupt nicht gewählt ist, wird nicht nachgeprüft. Es gibt die  98,5-Prozent-Präsidenten, die zu den bewährten Freunden des Westens  zählen. Oder den Sonderfall des libyschen Revolutionsführers Muammar  el-Gaddafi, der seit 40 Jahren ohne Wahl und Amt regiert und dennoch  hofiert wird.

 Spräche der Westen nur mit demokratisch legitimierten Führern, bräuchte  man gar nicht zu reden mit den Monarchen von Marokko bis zum Golf, wo der  Herrscher alles bestimmt. Oder gar mit Vertretern der neuen Variante, der  präsidialen Erbmonarchie, in der ein 97,5-Prozent-Sohn seinem  99,5-Prozent-Vater nachfolgt. Zu vielen dieser Potentaten besteht ein  herzliches Verhältnis. Verglichen damit, liegen die Dinge in Iran einfach:  Hier regiert ein umstrittener Präsident, aber nicht ohne Rückhalt beim  Volk oder den Institutionen. Am schlechtesten sind bei alldem die Iraner  dran. Sie sind, schon zum zweiten Mal, zu vier Jahren Ahmadinedschad  verurteilt. chi

 Quelle: Süddeutsche Zeitung
 Nr.179, Donnerstag, den 06. August 2009 , Seite 4
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