Financial Times Deutschland
Kritik an EU-Diplomatie im Iran
Von Benjamin Dierks, Berlin
06.08.2009
Grüne nennen Teilnahme an
Ahmadinedschads Vereidigung "verheerendes Signal"
Politiker von Grünen und Union haben
die Teilnahme von Vertretern Deutschlands und der EU an der Vereidigung des iranischen
Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad
kritisiert. Der schwedische Botschafter in Teheran hatte bei der gestrigen Zeremonie die EU-Ratspräsidentschaft vertreten.
Deutschland schickte nach Angaben der
Bundesregierung einen "niederrangigen Vertreter". Die Teilnahme der Diplomaten
sei "ein verheerendes Signal an
die Menschen im Iran und ein Armutszeugnis der europäischen Außenpolitik", sagte Grünen-Chefin Claudia Roth.
Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok
hatte die angekündigte Teilnahme der EU-Ratspräsidentschaft nach einem entsprechenden FTD-Bericht
kritisiert und Schweden aufgefordert,
seinen Botschafter nicht zu der Zeremonie zu senden. Die EU dürfe nicht "den Eindruck erwecken, wir würden
die Wahl Ahmadinedschads im Nachhinein
legitimieren", sagte Brok als außenpolitischer Sprecher der Europäischen Volkspartei (EVP) der
"Neuen Osnabrücker Zeitung".
Auch der außenpolitische Sprecher von CDU und CSU im Bundestag, Eckart von Klaeden, kritisierte die Entsendung des
schwedischen Botschafters.
Die Teilnahme der teils hohen
EU-Diplomaten stand in deutlichem Kontrast zu den Signalen der vergangenen Wochen. EU-Vertreter hatten die
von Unregelmäßigkeiten begleitete
Wiederwahl Ahmadinedschads scharf kritisiert und erste diplomatische Schritte gegen den Iran eingeleitet. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier
sagte noch am Wochenende, dass die
Unstimmigkeiten bei der Wahl nicht ausgeräumt seien. Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte an, Ahmadinedschad
deshalb nicht zu gratulieren.
Die schwedische EU-Ratspräsidentschaft
verteidigte ihre Teilnahme. Es müsse
der Kontakt zum Iran aufrecht erhalten bleiben, sagte ein Sprecher. Nach Angaben aus der EU wurde gemeinsam
festgelegt, dass Schweden als Vertreter
der Europäischen Union aus diplomatischen Gründen präsent sein solle. Den einzelnen EU-Mitgliedern hingegen
sollte es überlassen bleiben, ob und
wie sie an der Zeremonie teilnehmen. Offenbar gab es Debatten darüber, ob man statt des Botschafters nur
dessen Vertreter schicken sollte, um
die Präsenz diplomatisch abzuwerten.
Auch die USA waren kritisiert worden,
weil ein Regierungssprecher Ahmadinedschad als "gewählten Präsidenten" bezeichnet
hatte. Die Formulierung nahm dieser
gestern zurück.
Trotz eines Verbots versammelten sich
Tausende Regimekritiker während der Vereidigung vor dem Parlamentsgebäude in Teheran. Rund 5000
Polizisten waren dort stationiert
worden. Sie setzten Tränengas ein, um die Proteste zu zerstreuen. Die Opposition wirft dem Regime vor, die Wahl
gefälscht zu haben.
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